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Dieses Thema hat 0 Antworten
und wurde 961 mal aufgerufen
 Kinder / Gedichte zu Festen und Feiertagen
SLash ( Gast )
Beiträge:

06.12.2001 23:21
Weihnach(denkliches) Antworten
Heimweg:Irrweg

Stellen sie sich nicht vor,dass er wie jeden Tag an der Kasse steht um beide Flaschen zu bezahlen. Noch dreissig Minuten. Stellen sie sich nicht vor, dass der alte Mann in die tiefe Tasche seines Mantels greift um das Geld hervorzuholen. Noch neuundzwanzig Minuten. Stellen sie sich nicht vor, dass die Kassiererin kurz zusammenzuckt, als er die Geldstücke aus seinen zitternden Händen an der Kasse ausbreitet um sie abzuzählen. Noch achtundzwanzig Minuten. Stellen sie sich nicht vor, dass die Kassiererin kurz grübelt ob sie den Berg teils rostigen Kleingeldes entgegegen nehmen soll. Noch siebenundzwanzig Minuten. Stellen sie sich nicht vor, dass sie ihm kein einziges Mal in die Augen blickt. Stellen sie sich nicht vor, dass der alte Mann beide Flaschen in Zeitungspapier einwickelt und mit wehmütigem Gang den Supermarkt verlässt. Noch sechsundzwanzig Minuten. Stellen sie sich nicht vor, dass sich zuvor sein unrasiertes mit Falten durchzogenes Gesicht kurz im beschlagenem Glas der Infrarottür spiegelt, bevor sie sich öffnet. Stellen sie sich nicht vor, dass die obersten Knöpfe seines abgetragenen Mantels fehlen, so dass es ihm in den Kragen schneit. Stellen sie sich nicht vor, dass ihn seine verwaschene Cordhose in dieser Jahreszeit nicht genügend Wärme spenden kann. Stellen sie sich nicht vor, dass er sich wie jeden Tag auf den Weg macht um die Bank noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen. Noch fünfundzwanzig Minuten. Stellen sie es sich nicht vor, dass er in die Innentasche seines Mantel greift um Zigaretten herauszuholen und dabei das Bild seine verstorbenen Frau zum Vorschein kommt, welches schon seit Jahren dicht an seinem Herzen ruht. Noch vierundzwanzig Minuten. Er weint, stellen sie es sich nicht vor. Stellen sie sich nicht vor, dass sich seine Tränen langsam, Trofen für Tropfen, über seine Wangen rollen und aufgrund der Temperatur an den grauen Härchen seine Bartes festfrieren. Noch zwölf Minuten.Stellen sie sich nicht vor, dass es ihm mit seinen wunden gelblichen Händen schwer fällt, eine Zigarette anzuzünden. Noch elf Minuten. Er hat Löcher in den Schuhen, stellen sie es sich nicht vor. Stellen sie sich nicht vor, dass er gerade die letzen zweihundert Meter durch die Innenstadt läuft, um die abgelegene Bank im verschneitem Stadtpark zu erreichen. Noch zehn Minuten. Stellen sie sich nicht vor, dass sich nur noch wenige Menschen, davoneilend mit gefüllten Einkauftaschen, in der Einkauspromenade befinden und, dass sie beim Anblick des alten Mannes,nur ein kurzes Lächeln der Fremden suchend, weit ausscheren und ihre Kinder beiseite ziehen, um ihm nicht zu nahe zu kommen. Noch neun Minuten. Stellen sie sicht nicht vor, dass sie sich von ihm bedroht fühlen, obwohl er kaum noch laufen kann. Noch acht Minuten. Stellen sie sich nicht vor, dass ihn die farbenprächtigen Fensterdekorationen hinterhältig auslachen. Noch sieben Minuten. Von weitem hört man Kinder singen, stellen sie es sich nicht vor. Noch sechs Minuten. Die meisten Geschäfte lassen die Rolläden herunter, stellen sie es sich nicht vor. Noch fünf Minuten. Die Inhaber schalten ihre Lichterketten aus, stellen sie es sich nicht vor.Noch vier Minuten. Der alte Mann verschnauft kurz, er nutzt die Gelegenheit um sich eine Zigarette anzustecken, stellen sie es sich nicht vor. Noch dreissig Sekunden. Er rafft sich auf, noch zehn Sekunden, steckt seine halb erfrorenen Finger in die Taschen, noch fünf Sekunden, und entschließt sich, noch eine Sekunde, die letzen Meter
zum Park anzutreten. Stellen sie sich auf gar keinen Fall vor , dass er in diesem Moment die Straße überquert, und von einer Straßenbahn erfasst wird. Knochen zerbrechen wie Glas, beide Wodkaflaschen zerspringen. Scherben schneiden sich tief in seinen Körper. Es sinkt zu Boden. Sein letztes bisschen Wärme bringt den blutgefärbten Schnee zum schmelzen, auf den er fällt. Bitte stellen sie es sich nicht vor! Die naheliegende Kirchturmuhr schlägt sechs. Stellen sie sich nicht vor, dass sich der Fahrer nicht getraut ihm zu helfen und, dass er lieber wieder zurück in die Bahn steigt um Hilfe anzuforden. Stellen sie sich um alles in der Welt nicht vor, dass in jener Sekunde sein Herz aufhörte zu schlagen, das Bild seiner Frau aus der Tasche gleitet und vom eisigem Abendwind davongetragen wird.
Stellen sie sich vor, sie sitzen an diesem besonderen Tag noch in ihrem Büro, zählen die weingen Minuten, die vergehen müssen, um zu ihrer Familie zu fahren. Noch dreissig Minuten.Stellen sie sich vor, sie lachen wie jedes Jahr über die alberne Weihnachtskrawatte ihres Chefs. Noch fünfzehn Minuten.Stellen sie sich vor, wie sie sich vom Chef mit den üblichen Weihnachtsgrüßen- und wünschen verabschieden und mit einem zufriedenem Lächeln das Büro verlassen. Noch fünf Minuten.Jetzt sitzen sie in ihrem Auto, noch zwei minuten, biegen in die Einfahrt ihres festlich geschmückten Grundstücks ein,noch eine Minute,stoppen den Wagen,noch dreissig Sekunden, steigen aus, noch zehn Sekunden, und klingeln. In wenigen Sekunden werden ihnen ihre Kinder die Tür öffnen. In diesem Moment werden sie die Glockenschläge der naheliegenden Kirchturmuhr hören. Es wird sechs schlagen. Sie werden eintreten und herzlich wilkommen sein.
Fröhliche Weihnachten.

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